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Gewalt in der Schule: Wie die Schulsozialarbeit unterstützen kann

Wenn es zu Gewalt kommt auf dem Pausenplatz, auf dem Schulweg oder im Klassenzimmer, kann die Schulsozialarbeit (SSA) unterstützen. Elias Schwegler, Leiter Regionalstelle Schulsozialarbeit beim Amt für Jugend und Berufsberatung, über Formen von Gewalt und den Umgang damit.

Text: Janine Haas

Elias Schwegler leitet die SSA-Regionalstelle der Bezirke Hinwil, Meilen, Pfäffikon und Uster.

Elias Schwegler, «Gewalt auf dem Pausenplatz» klingt drastisch. Wo beginnt eigent-lich Gewalt?

Konflikte sind ein natürlicher Bestandteil der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen und bieten Lerngelegenheiten für den Umgang mit verschiedenen Meinungen und Interessen. Gewalt hingegen beginnt dort, wo diese Konflikte eskalieren und zu Übergriffen führen. Sie besteht nicht nur aus physischen Auseinandersetzungen wie Schlagen, Treten und anderen körperlichen Angriffen, sondern tritt auch in subtileren Formen auf. Verbale Gewalt umfasst zum Beispiel Beleidigungen, Drohungen und Mobbing. 

Ist die SSA der Primarschule Uster oft damit konfrontiert? 

Ja, wir sind immer wieder damit konfrontiert. Gewalt ist ein Thema, das in jeder Schuleinheit präsent ist und in verschiedenen Formen auftreten kann.

«Eltern können durch eine positive Vorbildfunktion viel dazu beitragen, dass ihre Kinder angemessen mit unangenehmen Gefühlen umgehen und Konflikte positiv lösen können.»

Was sind die häufigsten Gewaltformen, die in der Schule vorkommen?

Am häufigsten sind körperliche Angriffe wie Schlagen, Treten und Schubsen. Auch verbale Gewalt wie Beleidigungen, Drohungen, Mobbing und Hänseleien kommen vor – auch über digitale und soziale Medien. Kinder und Jugendliche erleben aber auch im privaten Umfeld Gewalt, sei dies in den Medien, direkt in der Erziehung oder beim Miterleben von gewalttätigen Konflikten der Eltern. Solche Erfahrungen prägen und können dazu führen, dass Kinder und Jugendliche selbst zu Täter*innen oder Opfern von Gewalt werden. Eltern können durch eine positive Vorbildfunktion viel dazu beitragen, dass ihre Kinder angemessen mit unangenehmen Gefühlen umgehen und Konflikte positiv lösen können. Manchmal ist das eine grosse Herausforderung für Eltern, und sie brauchen Hilfe. 

Gehen die Schüler*innen von selbst auf die SSA zu, um Unterstützung zu holen? 

Die Kinder kommen manchmal von sich aus auf uns zu. Es ist uns wichtig, dass sie wissen, dass wir jederzeit für sie ansprechbar sind und dass sie bei uns Hilfe und Beratung finden können. Auch Schulleitungen, Lehrpersonen und Eltern können ein Erstgespräch initiieren, wenn sie den Eindruck haben, dass ein Kind Unterstützung braucht. Wenn uns selbst ein Konflikt auffällt, gehen wir auf die betroffenen Kinder, ihre Lehrpersonen oder die Eltern zu. Wir versuchen, den Konflikt frühzeitig zu erkennen und gemeinsam mit den Beteiligten Lösungen zu erarbeiten. Unser Ziel ist es, die Schüler*innen in ihrer Fähigkeit zur eigenständigen Konfliktlösung zu stärken und sie gleichzeitig zu unterstützen.

«Ein vollständiges Bild des Konflikts hilft, die Ursachen und Dynamiken zu verstehen.»

Wie geht die SSA vor, um einen Konflikt zu lösen?

Wir folgen einem strukturierten und systematischen Vorgehen. Zuerst sammeln wir Informationen und sprechen mit den beteiligten Parteien, einschliesslich der betroffenen Kinder und Jugendlichen sowie der Lehrpersonen. Ein vollständiges Bild des Konflikts hilft, die Ursachen und Dynamiken zu verstehen. Im nächsten Schritt suchen wir gemeinsam mit den Kindern nach Lösungen. 

Was bedeutet dies konkret?

In Beratungsgesprächen bieten wir ihnen einen sicheren Rahmen, wo sie ihre Perspektiven und Gefühle offen äussern können. Wir helfen ihnen, eigene, auch kreative Lösungsansätze zu entwickeln und fördern ihre Fähigkeit zur Selbstreflexion und Konfliktbewältigung. Wir moderieren auch Gespräche zwischen den Konfliktparteien. Alle Beteiligten sollen ihre Sichtweise darstellen können und Lösungen sollen für alle akzeptabel sein. Dabei ist uns die Nachhaltigkeit der Konfliktbearbeitung wichtig. Wir überprüfen den Fortschritt und passen bei Bedarf die Massnahmen an.

Zwei Instrumente, mit welchen die Kinder Konflikte lösen können: die Friedenstreppe und das Ideenbüro.

Noch besser ist es, Gewalt gar nicht erst entstehen zu lassen. Was tut die SSA in der Prävention? 

Es ist zentral, dass Kinder und Jugendliche lernen, ihre eigenen Grenzen wahrzunehmen und zu setzen sowie die Grenzen anderer zu respektieren. Dies fördert ein respektvolles Miteinander und reduziert das Risiko von Gewalt. Verantwortlich für die Prävention und die überfachlichen Kompetenzen sind die Schuleinheiten. Die SSA unterstützt und bringt ihr Fachwissen ein. Auch in Arbeitsgruppen zur Schulentwicklung sind wir involviert. 

Können Sie Beispiele nennen?

Ein Projekt ist das Ideenbüro, das in vielen Schulen geführt wird. Im Ideenbüro beraten Kinder andere Kinder mit Unterstützung der SSA und der Lehrpersonen. Sie suchen gemeinsam nach Lösungen und vermitteln Mitschüler*innen Konfliktlösungsmethoden wie die Friedensbrücke oder das Friedensseil. Ebenfalls ein wirksamer Ansatz ist die gewaltfreie Kommunikation. In Absprache mit Lehrpersonen bieten wir zudem Klassentrainings zur Förderung von sozialen Kompetenzen und zur Stärkung der Gemeinschaft an.

«Kinder müssen das Gefühl haben, dass ihre Sorgen und Ängste gehört und verstanden werden. Offene Gespräche und emotionale Unterstützung sind hierbei entscheidend.»

Was können die Eltern tun, wenn sie das Gefühl haben, ihr Kind leidet im schulischen Umfeld unter einer Form von Gewalt?

In diesem Fall ist es wichtig, dass sie sich mit der Schule austauschen. Kindern gibt es Sicherheit und Orientierung, wenn sich ihre Bezugspersonen gemeinsam für sie einsetzen. Dabei können unterschiedliche Wahrnehmungen und Perspektiven geklärt werden. Erste Ansprechperson ist normalerweise die Klassenlehrperson. Eltern können sich aber auch direkt an die SSA wenden, um Beratung und Unterstützung zu erhalten. Kinder müssen das Gefühl haben, dass ihre Sorgen und Ängste gehört und verstanden werden. Offene Gespräche und emotionale Unterstützung sind hierbei entscheidend. Eltern sollten ihrem Kind signalisieren, dass sie an seiner Seite stehen und dass gemeinsam nach Lösungen gesucht wird. Zugleich sollten sie vermeiden, selbst direkt mit den «Täter*innen» zu sprechen. Dies könnte die Situation verschärfen. Die Schule und die SSA als neutrale Fachstelle verfügen über die notwendigen Kompetenzen und Methoden, um Konflikte zu lösen. 

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